WERNER FISCHER, August 2008, aktualisiert Juli 2009

Tipps zum Streckenflug in Europa mit dem UL/EL; wieso nicht Italien?

Grundsätzliches, Sicherheit
Reiseberichte über UL/EL-Touren in Europa finde ich immer sehr spannend, denn sie laden zum Träumen über die Möglichkeiten und Frei-
heiten des UL/EL-Fliegens ein. Mit diesen Zeilen beleuchte ich eher die praktische Seite dieser Art des Reisens und stelle Möglichkeiten
vor, wie solche Vorhaben zu realisieren sind. Da meines Wissens niemand komplette VFR Routen mit Flugplanungen anbietet und die
UL/EL-Flugregeln in Europa national in den verschiedenen Landessprachen definiert sind, gibt es schon die eine oder andere Besonder-
heit, die man wissen muss. Anderseits habe auch in der EL Ausbildung gelernt Routen so zu wählen, dass immer ein geeignetes Notlande-
feld im Gleitflug erreichbar ist. Hier driften bereits die Präferenzen auseinander. Im Streckenflug ist dies meines Erachtens z.B. über dem
Meer oder in den Alpen (es ist nicht immer das nächste Tal erreichbar) im engsten Sinn nicht immer gewährleistet. Eigentlich fängt der
Konflikt schon an, wenn man z.B. auf dem Flugplatz Freiburg im Breisgau gegen Westen startet. Unmittelbar nach dem Start befindet man
sich über einer Waldfläche, es gibt Situationen mit "zweit- und drittbesten Lösungen" um fatale Folgen abzuwenden.

Vorteile UL/EL Klasse
Anderseits bieten die Leistungsdaten der aktuellen 3-Achs EL/UL Möglichkeiten des Streckenfluges und Ziele in Europa an, deren Aus-
schöpfung man nicht bereut. Auch haben unsere EL/UL auf der aktiven Seite der Sicherheit den Vorteil, dass sie mit wenig Start- und
Landestrecken auskommen und durchwegs gut steigen. Neben diesem Sicherheitsplus eröffnen diese Eigenschaften wiederum breite
Möglichkeiten neben den Flugplätzen der AL, auch die unzähligen, manchmal idyllisch gelegenen auf diese Klasse zugeschnittenen
Landeplätze im Streckenflug zurückgreifen zu können. Dieses Plus bietet wirklich nur die EL/UL Klasse und genau hier liegen reizvolle,
ungeahnte Möglichkeiten. Gerade unsere Nachbarländer Deutschland, Frankreich, Österreich und Italien bieten da zahlreiche attraktive
Ziele an.

Alpenquerung
Wenn man seine Destination z.B. im südlich gelegenen Italien wählt, dann kommt man natürlich um eine Alpenquerung nicht herum. Eine
Alpenquerung ist immer ein einmaliges Erlebnis und auch eine Herausforderung, vor allem der Faktor Wetter und Erfahrung ist nicht zu
unterschätzen. Auch nützt irgendeinmal die gute Steigleistung bei heftigen Abwinden nicht mehr sehr viel. Deshalb plane ich Streckenflüge
mit Alpenquerung so, dass ich die ganze Flugplanung (inkl. Ausweichflugplätze etc.) gründlich und in Ruhe zu Hause erledige. Mir dann ein
Zeitfenster setze, abwarte bis das Wetter stimmt (Oscar) und dann wenn es auch meine zeitlichen Möglichkeiten erlauben die Tour fliege.
Das Wetter stimmt für mich für ein solches Vorhaben, wenn sich eine stabile Hochdrucklage etabliert (irgendwann will man ja auch zurück-
fliegen). Dies kann zur Folge haben, dass eine Strecke halt auch auf das nächste Jahr verschoben wird. Besonders diesen Sommer gab
es praktisch keine 3 Tage nacheinander stabiles Hochdruckwetter auf der Alpennordseite.

Eine weitere Mäglichkeit von Flugtouren mit Alpenquerung ist das begleitete Fliegen. Man fliegt die Alpenüberquerung gemeinsam im
Verbund geführt durch Fluglehrer (die ihre Region und Berge kennen). Dies macht die ganze Sache schon planbarer man lernt fliegerisch
erst noch viel dazu; wie unter anderem das Wetter besser einzuschätzen. Dazu ist z.B. das Fluglehrerteam eine gute Adresse, ich werde
am Schluss dieses Berichtes noch einmal darauf zurückkommen.

Fluggerät
Welches Fluggerät ist denn geeignet? Ich will hier nicht auf Typen eingehen, für mich sollten 4 Stunden Flugzeit und resultierend eine si-
chere Reichweite von 500-600 km (ohne Windeinfluss) drin liegen. Planung von Teilstrecken so um 3 Stunden Flugzeit und um die 400 bis
500km (ohne Windeinfluss) haben sich bewährt. Obwohl einige Hersteller Wunder- Verbrauchswerte und Reisegeschwindigkeiten für ihre
Muster angeben; ein Rotax 912 (S) der benötigt halt zwischen 16-18l pro Stunde. Dies sollte man tunlichst auch so rechnen, und nicht ver-
gessen 30km/h Gegenwind verlängert die Reisezeit, oder reduziert so die Reichweite um etwa 15-20%. Die Steigflugphasen in den Ber-
gen tragen auch zu erhöhtem Verbrauch bei. Da unsere schönen UL Plätze meistens Graspisten sind, sollte man auch im GPS Zeitalter
noch etwas Reserve für die Platzsuche vor Ort einkalkulieren.

Nun sind wir bei einem weiteren Thema, der legalen Zuladung. Dies ist natürlich nicht gerade eine Stärke unserer UL/EL, so um die 200kg
(dies ist schon eher ein Spitzenwert) können dennoch recht knapp bemessen sein wenn man zu zweit unterwegs ist und so um die 60-70
Liter Treibstoff mitnehmen sollte. Alles andere hat der Pilot (wie bei allen anderen Flugzeugklassen auch) zu verantworten. Trotzdem ein
voll beladenes EL/UL steigt bei Standartbedingungen immer noch um die 3 bis 5 m/sek, dies ist wiederum ein sehr brauchbares Sicher-
heitskriterium. Unsere EL/UL haben keine zertifizierten Motoren, ein gut behandelter und gewarteter Rotax 912 (S) bietet jedoch meines
Erachtens heute ein hohes Mass an Zuverlässigkeit. Ausserdem haben selbst zertifizierte Motoren keine Ausfallgarantie. Darum gemäss
Einleitung, null Risiko gibt es weder in der Platzrunde noch in Flugplatznähe. Ein Ausfall im Streckenflug in den Bergen, über dem Meer
oder beim Start auf nicht hindernisfreien Flugplätzen ist immer ein äusserst kritischer Faktor. Das heisst man sollte sich schon mit einem
zuverlässigen, gut gewarteten Gerät, ausgerüstet mit ELT (Österreich obligatorisch) zu dem man ein gewisses Mass Vertrauen hat, auf
Strecke begeben.

Flug nach Süden, Ausgangspunkt
Nun kommen wir wieder zum Ausgangspunkt der Tour; unser ach so freies Land ist genau in dieser Beziehung ein wirklicher Hemmschuh.
Schengenraum heisst für mich der Schlüssel zur Freiheit im Streckenflug, unsere Heimat spielt leider höchstens die Rolle als Transitland.
Schade sie hätte viel zu bieten. Hier lässt das Ansinnen der Oberzolldirektion auch keine Ansätze erkennen, die uns Sportfliegern wie in
anderen Ländern die Reisefreiheit des Schengenraums ermöglichen. Obwohl vor wenigen Jahren Mauern in Europa gefallen sind, errichtet
unsere OZD eher Neue!

Wenn man mit dem EL/UL zum Beispiel nach Italien will, dann gibt es nur folgende 2 legale Möglichkeiten: Überflug der Schweiz vom
Schengenraum oder Strassentransport! Erklärung: Ein EL/UL gilt in Italien nicht als Flugzeug, sondern als Sportgerät. Dies generiert sehr
viele fliegerische Freiheiten, aber Funk/Transponder und somit Zollflugplätze sind tabu. Es gibt immer wieder Berichte von Piloten die das
anders machen. Dies ist in Italien jedoch nicht gesetzeskonform und es kann passieren, dass eine Wiederstartbewilligung verweigert wird
und das Flugzeug mit Hänger auf ein Flugfeld abtransportiert werden muss. Also bitte, wenn wir die fliegerische Freiheit in Italien erhalten
wollen, als Gäste lokale Gesetze strikt respektieren. Mit EL/UL ohne Zoll kein Einflug von Italien in die Schweiz, oder nach Italien ab der
Schweiz, basta!

Gemäss Absicht fliegen wir mit dem EL/UL nach Italien, also muss der Ausgangsflugplatz im Schengenraum, oder Strassentransport sein.
Mein Stützpunkt ist Bremgarten (EDTG), nähe Freiburg im Breisgau. Nach Italien kann man im Transit über die Schweiz, Frankreich, oder
Österreich fliegen.

Einige Flugregeln in Italien (ohne Gewähr/zweite ergänzte Version)
Grundsätzlich gibt es auch in Italien klar umschriebene Gesetze und Regeln die eingehalten werden müssen. Man beachte was in Italien
praktiziert und toleriert wird, ist nicht in jedem Fall auch gesetzlich legitimiert! Die Absicht des Gesetzgebers war jedoch eine Sport- und
Flugzeugklasse gemäss FAI Annex II zu schaffen die Sportgeräte sind und nicht als Luftfahrtzeuge gelten. Die daraus wichtigsten nur
für UL/EL definierte spezifischen Regeln sind wie folgt (unvollständig): Die maximale Flughöhe über Grund (Messpunkt Radius 3km)
ist 500 feet an Werktagen, sowie 1000 feet an Wochenenden (keine Mindesthöhe). Abstand zu Flugplätzen ohne Kontrollzonen minde-
stens 5 km. Keine Städte, Siedlungen, militärische/öffentliche Anlagen, Autobahnen und Eisenbahnen etc. überfliegen (Autobahnen /
Strassen/Eisenbahnen queren erlaubt). Helmpflicht; die in geschlossenen Dreiachsern nicht praktiziert wird. Die Interpretation der weite-
ren gesetzlichen Situation ist jedoch nun sehr schwierig, weil das Umsetzen in der Theorie (Gesetz) und Praxis (Toleranz) sehr unter-
schiedlich erfolgt. Es werden Verhaltensweisen praktiziert/von der Flugsicherung toleriert, worauf jedoch weder ein Rechtsanspruch
besteht noch abgeleitet werden kann. Es gibt z.B. viele private Campi di volo die nur von UL/EL genutzt werden dürfen, die innerhalb
einer Kontrollzone liegen und mit der erlaubten geringen Maximalhöhe in der Praxis ohne Einfluggenehmigung angeflogen werden.
Funken mit der Flugsicherung und der Transpondergebrauch sind für UL/EL eben auch noch tabu! Trotzdem sind die italienischen UL
meistens nur mit dem Besten fast IFR tauglich ausgerüstet, um dann in Platznöhe zu fliegen. Auch hier wie in anderen Ländern ist das
Wunschdenken von Umsteigern weit vom ursprünglichen Sinn und Zweck der UL Klasse abgedriftet. Neuerdings dürfen UL zwar unter
bestimmten Bedingungen mit Funkgeräten ausgerüstet werden, natürlich braucht es dann auch die Berechtigung Flugfunk zu führen,
trotzdem darf die Flugsicherung UL/EL eigentlich keinen Service bieten. Obwohl Kontrollzonen und D, R, P Zonen gemäss Gesetz
respektiert werden müssten, wird dies in der Praxis wiederum anders gehandhabt und toleriert. Es werden Kontrollzonen (z.B. CTR
Luftraum D) und D, R Zonen häufig ohne Freigabe (unter) durchquert, weil die konsequente Einhaltung der UL Regeln wie z.B. max.
Höhe begrenzt, kein Kontakt zu Flugsicherungsdiensten erlaubt und Definition Sportgerät/nicht Luftfahrzeug etc. die fliegerische Freiheit
wegen den grosszügigen auf ganz Italien verteilten Kontrollzonen/Sonderzonen sehr einschränken würde. So müssten eigentlich auch
mehr als die Hälfte der "offiziellen" Campi di volo die sich in einer Kontrollzone befinden geschlossen werden.

Gelandet werden darf, wo der Eigentümer damit einverstanden ist, es besteht kein Flugplatzzwang. Im Flug zum Strand immer minde-
stens einen Abstand von 300m vertikal einhalten. Natürlich ist die Haftpflichtversicherung (Euro 500000,-) vorgeschrieben und der Pilot
muss eine gültige Lizenz haben, die ihn berechtigt sein lufttüchtiges EL/UL zu fliegen. Dies mutet recht abenteuerlich mit teilweise wenig
Rechtssicherheit an, wird in Italien jedoch so gehandhabt und toleriert. Wem diese Situation aus Sicherheits- und Rechtsüberlegungen
zu unsicher ist muss alle Kontroll- und Sonderzonen umfliegen, oder Italien mit EL/UL wohl meiden. Die vorgeschlagene Route zum ersten
Zielflugplatz birgt hier jedoch noch kein Konfliktpotential. Die ebenfalls teilweise von ausländischen UL/EL praktizierte Methode sich mit
den nötigen Berechtigungen wie ein Luftfahrzeug zu bewegen, ist ebenfalls nicht legal! Da alle UL/EL eben auch in Italien Luftsportgeräte
sind und nicht die persönlichen Berechtigungen definieren (wie einige Umsteiger glauben, die dann auch noch den anderen Rechtsver-
letzungen vorwerfen) wie geflogen werden darf.

Erster Zielflugplatz in Italien
In Italien gibt es viele Sportflugplätze, am besten bestellt man sich den Avio Portolano (www.avioportolano.it) und die UL Karte dazu. Die
Campo di Volo sind ausschliesslich für UL/EL, während die Aviosuperficie auch für schwerere Maschinen zugelassen sind.

Die eingangs definierten Eckwerte ergeben, dass sich mein erstes Flugfeld in sicherer Reichweite befinden soll. Vor allem, dass ich auch
am Platz tanken und somit ohne grossen Zeitverlust weiterfliegen kann. Dies ist in Italien häufig der Knackpunkt. Hier eignet sich z.B. das
Aviosuperficie Mezzana Bigli Club Astra (PV01-8) bei Pavia mit 800m gepflegter Graspiste. Nonstopstrecke von Bremgarten via Gotthard
ist ca. 380 km, also auch bei Gegenwind sicher erreichbar. Weiter wäre noch Ozzano bei Bologna, das ist jedoch bei Gegenwind bei einer
Flugzeit von 3-4h schon kritisch. Beide Flugplätze habe ich dieses Jahr besucht. Es gibt sicher auch andere geeignete Plätze, die müssten
ausprobiert werden. Natürlich gebe ich für den Flug via Schweiz einen Flugplan per Internet auf (Zielflugplatz ZZZ) und schliesse ihn (nach
der Landung)/öffne ihn (nach dem Start/Rückflug) per Telefon von Italien aus bei der AIS in der Schweiz. Es gilt kein Kontakt zur italieni-
schen Flugsicherung. Somit ist auch die Flugplanpflicht zum Überflug der Schweiz eingehalten. Bitte auch im Tessin MIL TMA Locarno und
CTR Lugano beachten.

Nun ist der Weiterflug z.B. in die Toscana kein Problem.

Tipps
Unbedingt Stromleitungen beachten/aufpassen, ein GPS ist unverzichtbar um die unauffälligen Grasplätze zu finden. Da der Kompass in
dieser Höhe wegen den Turbulenzen selten richtig ruhig steht, ist auch hier das GPS hilfreich. In Italien ist ein gutes GPS ein Muss, ich zie-
he hier die Produkte von Garmin vor, nur schon weil es Updates gibt die die meisten Campo di Volo und Aviosuperficie enthalten. Über
dem Meer auf dieser niedrigen Höhe dem Strand entlang fliegen ist übrigens sehr ruhig. Die Italiener sind stets sehr, ja sogar ausserge-
wöhnlich hilfsbereit und gastfreundlich. Kartenmaterial nehme ich für Italien Jeppesen und Avio Portolano.

Alpenquerung Geführte Tour
Hier würde ich empfehlen die Italientour bei www.fluglehrerteam.de zu buchen. Die fliegen von Ampfing (München) via Österreich nach Ita-
lien (Friaul/Raum Venedig), die Übernachtungen im Al Casale sind wirklich super. Eindrücklich ist das Fliegen an der Adria über die La-
gunen von Venedig, sowie das Fliegen im Flussbett des Tagliamento ist ein Highlight. Die Gruppe wird stets durch einen erfahrenen Flug-
lehrer geführt, der die Routen/Alternativen auch bei kritischerem Wetter kennt. Vor allem kennt er auch die Wetterentwicklung in den Ber-
gen und kann diese richtig einschätzen. Dazu dann ein weiterer Bericht. Wichtig: Das Fluglehrerteam bewegt sich gemäss den in Italien
praktizierten UL/EL Regeln..

Fortsetzung folgt